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“CiP…” Zwischen Kitsch und Kult. Weihnachten in Indonesien

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Weihnachten in Indonesien ist ein Kapitel für sich, und darum verdient dieses Thema auch einen eigenen Blog-Eintrag.

Weihnachtsbaum auf Indonesisch – Bunt und blinkend

Weihnachten in Indonesien, das heißt, Weihnachten zu feiern in einem Land, dessen Bevölkerung zu 88% muslimisch ist. Die Christen stellen mit neun Prozent der Bevölkerung eine Minderheit dar. Und so war ich schon lange vor dem ersten Advent gespannt, wie Weihnachten hier wohl aussehen würde, nicht nur, weil ich definitiv nicht mit Schnee und Temperaturen im Minusbereich rechnen dürfte.

Meine erste Begegnung mit Weihnachten in Indonesien mache ich lange vor dem ersten Advent und vor dem 24. Dezember. Ich komme gerade in Waropen an. Bei den ersten Besuchen fällt mir auf, dass in vielen Häusern schon die Weihnachtsdekoration steht. Das heißt, eigentlich steht die Dekoration noch. Und zwar vom letzten Jahr. Bilder von der Szene im Stall in Bethlehem hängen in den Wohnzimmern. Plastiktannenzweige sind an den Wänden angebracht. Es weihnachtet sehr – mitten im Jahr, bei 35 Grad.

Und dann ist Adventszeit. Was dann in Papua geschieht, ist unbeschreiblich. Die Menschen freuen sich auf diese Zeit und kommen ganz ohne besondere Gerüche und Speisen aus. Im Alltag bleibt vieles so, wie es ist. Doch die Häuser werden geschmückt. Und zwar ganz ähnlich wie in Deutschland: Lichterketten und Girlanden. „Tannenbäume“, die die Menschen selbst zusammen bauen – dazu nimmt man einen Autoreifen und lackiert diesen weiß. In der Mitte des Autoreifens wird eine etwa zwei Meter hohe Säule montiert. Von dieser werden nach unten zum Autoreifen Schnüre gespannt, sodass ein Kegel entsteht. – In den Fenstern sieht man Lichterketten, die Weihnachtslieder in doppelter Geschwindigkeit und in Tonhöhen spielen, die nur schwer zu ertragen sind. Dem Kitsch sind keine Grenzen gesetzt.

Doch es ist auch Zeit für Besinnung. In Biak findet in den Adventswochen jeden Morgen um 5:00 Uhr eine Adventsandacht statt. Jeden Morgen kommen etwa 70 Menschen, die sich um Gottes Wort versammeln. Jeden Morgen werden die Gemeindeglieder mit Weihnachtsliedern aus dem Megaphon geweckt, welches auf dem Glockenturm montiert ist. So ist auch dann nicht ans Weiterschlafen zu denken, wenn man nicht zur Andacht will.

Das alles geschieht wohlgemerkt in Papua, wo die Mehrheit der Bevölkerung christlich ist. Für die Menschen in den Gemeinden ist Weihnachten das wichtigste Fest im Laufe des Kirchenjahres. Und zwar ganz und gar nicht wegen der Geschenke. Doch über dieser Weihnachtsfrömmigkeit vergessen viele die Bedeutung von Karfreitag und Ostern. Die Pfarrerin in der Gemeinde Smirna-Nubuai bat mich daher auch, in der Predigt zum ersten Advent auf die Bedeutung dieser Feste eigens einzugehen.

Und dann durfte ich noch in Papua den ersten Weihnachtsgottesdienst miterleben, lange bevor wir den 25. Dezember hatten. In Biak wurden wir von einer benachbarten Pfingst-Gemeinde zum Weihnachtsgottesdienst am Abend des 7. Dezember eingeladen. Dieser frühe Termin war notwendig, weil die Gemeindeglieder über eine weite Fläche verteilt wohnen und der Prediger nicht an jedem Ort am eigentlichen Weihnachtstag predigen kann.

Doch auch in den Gemeinden unserer Partnerkirche finden Weihnachtsgottesdienste lange vor und nach Weihnachten statt. Die Pfarrerin der Gemeinde Sion-Mambui hatte vom 17. Dezember bis zum 30. Dezember jeden Tag mindestens einen Weihnachtsgottesdienst. Eine Menge Arbeit.

Trotz all dieser Begegnungen und Begebenheiten rund um das Weihnachtsfest und zur Vorbereitung darauf wollte sich bei mir aber kein wirklich weihnachtliches Gefühl einstellen. Dies mag an den hohen Temperaturen gelegen haben, oder daran, dass ich keinen Glühwein trinken konnte. Als ich dann auf Bali ankam, war auch der letzte Rest dieses Gefühls verflogen.

Auf Bali sind die meisten Menschen Hinduisten. Lediglich 12 000 Christinnen und Christen gibt es hier. Und von Advent und Weihnachten war keine Spur. Erst am 23. Dezember hängen ein paar vereinzelte Geschäfte Girlanden an die Eingänge, auf denen „Selamat hari Natal dan Tahun Baru“ – Frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr – steht. Keine Weihnachtsmusik, keine Kunsttannenbäume, kein Kitsch und kein Kult. Das ändert sich erst am 24. Dezember: Im Hotel gibt es ein Weihnachts-Dinner. Jedes Geschäft kramt für die Touristen die Weihnachtsmusik heraus, und plötzlich stehen die Plastiktannen überall. Doch nach Weihnachten fühlt sich das nicht an.

Jetzt ist Weihnachten – Weihnachtsgottesdienst auf Bali

Das Weihnachtsgefühl kommt erst am 25. Dezember. Meine Freundin und ich besuchen gemeinsam den Weihnachtsgottesdienst um halb acht morgens. Sprache: Indonesisch. Meine Freundin versteht die Sprache nicht. Doch was auch sie kennt, das sind die Lieder. Im Gottesdienst singen wir viele auch aus Deutschland bekannte Weihnachtsschlager: „Vom Himmel hoch, da komm ich her“, „Herbei, o ihr Gläub’gen“ und „Nun singet und seid froh“. Musik bewegt die Herzen. Musik macht, dass es auch bei uns Weihnachten wird.

Überhaupt die Gemeinschaft mit diesen eigentlich fremden Menschen. Die geschmückte Kirche mit Tanne (zwar aus Plastik, aber macht nichts) und Krippe. Das gemeinsame Singen und Beten. Jetzt ist Weihnachten.

Doch dass die Christinnen und Christen es hier manchmal gar nicht so leicht haben, ihren Glauben zu praktizieren, und dass sie eine Minderheit sind, machen mir an diesem Morgen auch zwei Dinge deutlich. In seiner Predigt berichtet der Pfarrer, dass es in Nordsumatra am Abend zuvor, also am 24. Dezember, Übergriffe auf Christinnen und Christen gegeben hat. Sie wurden daran gehindert Jesu Geburt zu feiern. Und das zweite, was mir an diesem Morgen beim Verlassen der Kirche auffällt: Wir werden bewacht. Vor der Kirche stehen mehrere Polizisten, die das Gotteshaus während des Gottesdienstes bewachen. Es ist eben doch nicht alles so paradiesisch im Paradies auf Erden…

Mit diesem Blog-Eintrag möchte auch ich mich von Ihnen und Euch verabschieden. Meine Zeit in Papua ist schon zu Ende. Meine Zeit in Indonesien geht am 2. Januar zu Ende. Dann komme ich zurück nach Deutschland. Hinter mir liegen vier Monate mit vielen tollen Erfahrungen und Begegnungen, aber auch mit schweren Eindrücken. Ich freue mich darauf, meine Familie, meine Freunde und Bekannten wieder zu sehen. Und bin sicher, dass ich irgendwann wieder zurück an den anderen Anfang der Welt kommen werde.


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